10 Jahre Blog Bangemachen gilt nicht. Bilanz, Resümee, Schlussstrich.

10 Jahre Blog „Bangemachen gilt nicht“: Bilanz, Resümee, Schlussstrich – Wiedervereinigung mit der „kultuRRevolution. zeitschrift für angewandte diskurstheorie“

Es war ein Experiment: In Erwägung, dass das Internet als epochale Technikrevolution wie wenige Medien zuvor zur Basis kulturrevolutionärer Proliferationen taugt, sollte hier eine Erweiterung der Projekte kultuRRevolution. zeitschrift für angewandte diskurstheorie (kRR), der theoretischen Studien von der Art des Versuchs über den Normalismus sowie nicht zuletzt auch des Romans Bangemachen gilt nicht auf der Suche nach der Roten Ruhr-Armee. Eine Vorerinnerung erprobt werden. Erweiterung in mehrfachem Sinne: zeitlich, indem Blogposts in kürzeren Abständen als die Zeitschrift geschrieben wurden – thematisch, indem auf mehr aktuelle Ereignisse eingegangen werden konnte – generativ, indem ein kollektives Mitschreiben erhofft war. Dabei war an eine Nische zwischen regelrechten Online-Magazinen wie Telepolis bzw. auch kontinuierlichen Autorenblogs und öffentlich-privater Korrespondenz gedacht. Was aktuelle Ereignisse anging, so sollte natürlich um gotteswillen nicht das „Kommentieren“ entlang den jeweiligen medial angesagten „Themen“ per „like“/„fuck“ gedoubelt werden. Wie in der Zeitschrift kRR sollten Kurzanalysen auf der Basis diskursiver, also mitteldauernder Aktualität und mit prognostischer Kapazität erarbeitet werden. An wenigen exemplarischen antagonistischen Konflikten wie Afghanistan und Griechenland war auch an Interventionen (in Form von öffentlichen Appellen) gedacht. Sie wurden mit einigem Erfolg realisiert.

Bilanz in Stichworten

DMM = DEUTSCHE MAINSTREAM-MEDIEN. Die Kritik des Blog an den DMM hat nichts mit „Lügenpresse“ zu tun. Schlimmer als FAKE NEWS sind NO NEWS und FILTERED NEWS. Die schärfste Waffe der DMM ist TOTSCHWEIGEN. Das wusste schon Karl Kraus. Ein scheinbar banaler, aber äußerst exemplarischer Fall: Am 21.10.2018 publizierte das Handelsblatt einen Pro-Europa-Aufruf, der u.a. von Friedrich Merz und Jürgen Habermas unterzeichnet war. Es handelte sich eigentlich um einen Aufruf zur Unterstützung Macrons. Dass der von vielen für den „bedeutendsten lebenden Philosophen“ erklärte Habermas sich hatte in die Schäuble-Merz-Kampagne einspannen lassen, die offensichtlich nicht nur auf einen Kanzler Merz, sondern auf ein GERMROPA-Konsulat Merz-Macron zielte, wäre doch – sollte man meinen – ein „Thema“ von erstem Rang gewesen. Aber Schweigen im Walde der DMM. Wer das Blog Bangemachen gelesen hat, kann sich selbst einen Reim auf dieses Totschweigen machen. (Man fürchtet eine Abwertung des „Werts“ bzw. der „Währung“ namens H. – man wird diese Währung noch brauchen.) Eine ebenfalls verbreitete Spielart von FILTERED NEWS ist die EINÄUGIGKEIT bzw. die BINÄRE REDUKTION.  Kaum ein Tag, an dem die DMM sie nicht einsetzen – Musterbeispiele:  PUUTIIN und Fehlanzeige Poroschenko, ASSAD und Fehlanzeige „Rebellen der Opposition“.  Die Suggestion notwendiger Parteinahme mit Einäugigkeit ist schlimmer als Fake News à la Rotelius.  WNLIA ist möglich (Weder Noch, Lieber Irgendwie Anders)!

GERMROPA oder „Deutschlands dritter Versuch“: Der dritte Versuch eines deutschen Griffs zur Weltmacht ist Thema von Simulationen im Roman Bangemachen gilt nicht auf der Suche nach der Roten Ruhr-Armee. Eine Vorerinnerung. Im Zuge der Krisenserie seit 2007 wurde aus der Simulation Realität, und das wurde im Blog verfolgt. Kopflanger wie Herfried Münkler entwarfen ein Europa aus drei Normalitätsklassen („Ringen“) um eine stabile deutsche Hegemonie herum. Gerade schien dieses Projekt durch die Herabstufung und Verwandlung Griechenlands in einen „Hotspot“ definitiv festgeklopft, da geriet GERMROPA im Zuge der Massenflucht ins Wanken und inzwischen an den Rand des Kollapses. Diese Entwicklung wurde im Blog analytisch aufgewiesen.

Letzter Stand von GERMROPA

Nicht nur Münkler, nicht nur sein Kontrahent Sloterdijk, sondern auch dessen Intimfeind Habermas in seinem gemeinsam mit Merz verfassten Europa-Appell im Handelsblatt, betrachteten das Projekt MACROLEON als letzte Chance GERMROPAS. Mit Macrons erzwungener Kapitulation vor den Gilets Jaunes ist auch dieser unverzichtbare Pfeiler geborsten. Die deutsche Hegemonie steht jetzt vor einem Scherbenhaufen. Sie muss entweder verzichten oder auf die alte Regel „Landgraf werde hart“ aus den beiden ersten „Versuchen“ umschalten. Vermutlich war die Achse Schäuble-Merz für dieses Umschalten gedacht. Aber vor der gleichen Alternative steht auch jedes sonstige „Deutschland der Entscheidungseliten“ und also jede deutsche Regierung.

NORMALITÄTSKLASSEN: Diese Kategorie der Normalismustheorie wurde im Blog insbesondere am Fall der brutalen Herabstufung Griechenlands von Normalitätsklasse 2 nach 3 (wie die Türkei) konkretisiert.

BELLISIERUNG: Der von den USA begonnene weltweite „War on Terror“ bedeutete konkret nicht nur die Herabstufung von Ländern wie Irak in die unterste, fünfte Normalitätsklasse, sondern deren langdauernde Bellisierung, also strukturelle Verwandlung in ein „Kriegsland“. Eine direkte Folge struktureller Bellisierung sind Massenfluchten wie die von 2015.

AFGHANISTAN: Im Blog wurden diese Zusammenhänge exemplarisch am Beispiel Afghanistans analysiert. Dabei spielt Deutschland hauptsächlich deshalb mit, um seine Weltmachtstellung auch militärisch zu beanspruchen. Vor 10 Jahren war der Afghanistankrieg im siebten Jahr, heute im 17., demnächst im 18. Im Blog wurde immer wieder daran erinnert, dass dieser deutsche Krieg inzwischen längst der nach dem Dreißigjährigen längste ist, dass er Unsummen von Steuergeld (nach vorsichtigen Schätzungen mindestens 30 Milliarden Euro) buchstäblich in den Sand gesetzt hat (d.h. in eine völlig verrückte Nachschub-Logistik, in Materialverschleiß und nicht zuletzt Korruption der berüchtigten Warlords mit ihrer institutionellen Pädophilie („Tanzknaben“). Es wurde das so Evidente dargestellt: Dass schon wegen der Sprach- und Kulturbarrieren „unsere Jungs“ die Allerletzten sind, die „da unten“ irgendetwas „stabilisieren“ können – dass im Gegenteil die Abhängigkeit der westlichen Besatzer von inländischen IMs stets erneut zu Bombardierungen „falscher“ Hochzeitsgesellschaften und Drohnenkillungen „falscher“ Ziele führen muss. Also zur Ausweitung statt Verringerung der ethnischen Fehden. Dass alle Umfragen eine klare Ablehnung dieses wahrhaft irrationalen Krieges durch die Mehrheit der deutschen Bevölkerung zeigen, ohne dass das die „Entscheidungseliten“ (einschließlich der GRÜNEN) im geringsten juckt.

Letzter Stand: Unter den Fluchtmassen seit 2015 stellen insbesondere junge Männer aus Afghanistan eine der größten Teilgruppen dar. Es handelt sich dabei um die „Früchte“ der deutschen militärischen Intervention – nicht zuletzt faktisch um Deserteure, die sich der Zwangsrekrutierung durch entweder Warlords (Regierungsarmee) oder Rebellen (Taliban u.a.) entziehen. Das scheint allerdings kein Asylgrund zu sein, so dass sie in ihr durch die Bundeswehr „sicheres Heimatland“ abgeschoben werden (soweit man ihrer „habhaft“ wird).

LINKS/RECHTS/MITTE/EXTREME und POPULISMUS: Als nach Finanz-, Griechenland- und Eurokrise durch Massenfluchtkrise und Populismuskrise schließlich sogar die deutsche stabile Normaldemokratie ins Schleudern geriet, konnte das Blog zur Analyse auf bewährte theoretische Instrumente zurückgreifen. Die Krisenserie wurde mittels der Normalismustheorie als Kette von DENORMALISIERUNGEN lesbar, und die Aufregung durch „Populismen“ als DENORMALISIERUNG des spezifisch deutschen politischen Normalitätsmechanismus eines Spiels zwischen rechter und linker MITTE und einer Begrenzung des Normalitätsspektrums durch Antagonismusverbot und „Anormalisierung“ aller EXTREME. Daraus entstand inzwischen eine neue ausführliche, systematische und aktualhistorische Studie:

J.L., Normalismus und Antagonismus in der Postmoderne. Krise, New Normal, Populismus. Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 2018, 439 Seiten, € 50.

Schlussstrich

Die prognostische Kompetenz des Blog erwies sich als so stark, dass es sich bei Themen wie GERMROPA, Afghanistan, Griechenland, Normalismus und Populismus bald nur noch wiederholen konnte. Der ironische und sarkastische Ton ließ sich steigern, und es entstand die Tendenz, die Simulationen des Romans Bangemachen gilt nicht auf der Suche nach der Roten Ruhrarmee. Eine Vorerinnerung ironisch als realisiert zu konstatieren bzw. weiterzuschreiben. Gleichzeitig erwies sich die Hoffnung auf erweitertes Schreiben oder gar Proliferationen als trügerisch: Das Blog geriet in die Klemme zwischen die stets dominantere Kurzatmigkeit und Indexalität (Diedrich Diederichsen) von Facebook-Whatsapp-&Co und die Tendenz zu längeren Darstellungen, wie sie besser in der Zeitschrift kRR aufgehoben sind. Deshalb wird das Blog nun sozusagen mit der kRR wiedervereinigt. In Themenblöcken – etwa zu Kollektivsymbolik und Interdiskurs – werden die Posts in die Website der kRR integriert und sind dort auch künftig lesbar (weil sie ja an Aktualität keinen Deut eingebüßt haben).

ZUM SCHLUSS DIESES BLOG: GRUß AN DIE GILETS JAUNES!

Im Blog wie ausführlich und systematisch in dem Buch Normalismus und Antagonismus in der Postmoderne ist die Frage des Populismus (ob nun rechts, links, Mitte oder alles und keins) erörtert. Seine Basis ist ein antagonistisches „Plebsvolk“, dem die einen einen fatalen Hang zum Rassismus unterstellen, und die anderen zum prädestinierten Opfer demagogischer Führer. Die Gilets Jaunes dagegen entsprechen bisher (Mitte Dezember 2018) vorwiegend den „linken“, radikaldemokratischen Populismustheorien. Ihr Medium ist zum einen das Internet, zum anderen ein Äquivalent der Platzbesetzungen von 2011: Besetzung von Kreisverkehren und Mautstellen, auch von Prachtstraßen. Sie streben direkte Demokratie an, haben keine Führer und wollen auch keine, ihre von den Eliten der Normaldemokratie als bloßer „Krach“ (bruit, Jacques Rancière) wahrgenommenen Argumente fordern „einen Anteil für die Anteillosen“ (Rancière) ein. Indem sich die ursprüngliche Forderung gegen eine Ökosteuer für Kleinautoangewiesene statt für Autokonzerne mit vielen anderen Forderungen zu einer „antagonistischen Äquivalenzkette“ verstärkt hat (Ernesto Laclau und Chantal Mouffe), ist der pompöse Symbolpolitiker MACROLEON (man lese den Blogpost zu seiner Inthronisierung, als symbolisch bereits alles determiniert war) in eine Hegemoniekrise geraten, aus der er nur schwer herauskommen wird – aber MACROLEONS Hegemoniekrise ist zugleich die Hegemoniekrise GERMROPAS. Gruß aus Deutschland an die Gilets Jaunes – jetzt fehlt in der Äquivalenzkette der Forderungen noch vor allem eine: Wer soll das alles bezahlen? Das kann eine Kürzung des „Verteidigungshaushalts“, kombiniert mit sofortigem Abzug aus den bellisierten Ländern, locker bezahlen – diesseits und jenseits des Rheins (Erinnerung: mindestes 30 Milliarden Euro allein aus deutschen Steuergeldern in Afghanistan verpulvert – totgeschwiegen von den DMM.)

Es geht weiter…

…denn alle Blog-Beiträge dieser Seite können auf der Internetpräsenz der kultuRRevolution – zeitschrift für angewandte diskurstheorie eingesehen werden. Sie finden diese geordnet nach den Kategorien dieses Blogs (Interdiskurs, Normalismus, Kollektivsymbolik, etc.) unter dem Menüpunkt „Inhalte“. Wir wünschen viel Freude beim Entdecken!

Bundeswehr schafft „Kampfdrohnen“ an – wie bitte? Was für ein „Kampf“? Es sind Killdrohnen, die die Bereitschaft zu Selbstmordattentaten ernorm steigern!

Nun also doch Killdrohnen für die Bundeswehr. Erstens: Es findet ja kein Kampf statt. Die „Piloten“ sitzen bequem am Computer, zum Beispiel zuhause, stellen die Drohne per Joystick aufs Ziel ein und schießen dann die Raketen auf das Ziel ab. Das läuft oft auch im Dunkel der Nacht. Von „Kampf“ kann jedenfalls keine Rede sein. Zweitens: Die Bundesregierung behauptet, die geplanten „deutschen Drohneneinsätze“ hätten nichts mit den amerikanischen „außergerichtlichen Exekutionen“ zu tun – die Bundeswehr würde bloß bei Gefahr für „unsere Jungs“ die Raketen der Drohnen abfeuern. Für wie dumm soll das Volk eigentlich verkauft werden? Genauso wie bei den offiziellen Killungen sind die „Einsätze“ von der Lageeinschätzung abhängig, die entweder wie stets zweifelhaft sein kann oder direkt von „eingeborenen“ Informanten stammt, wobei Rachemotive mitspielen (all die bombardierten Hochzeitsgesellschaften!). Jedenfalls sind auch bei diesen „Einsätzen“ die Risiken von „Kollateralschäden“ enorm.

DRITTENS: DROHNENKILLUNGEN UND SELBSTMORDATTENTATE SIND SYMMETRISCH!

Drittens und ganz besonders drittens: In allen Ländern mit Drohnenkillungen wächst die Bereitschaft junger Fanatiker zu Selbstmordattentaten enorm. Diese Jungs (es sind ja schließlich auch Jungs) haben die angeblich „ritterlichen“ Kämpfe der mittelalterlichen muslimischen Helden gegen die Kreuzritter im Kopf. (Alle G7-Krieger und -Zivilisten sind für sie symbolisch „Kreuzfahrer“.) Und nun Drohnenkillungen, also eine Steigerung des „feigen Mordes aus dem Hinterhalt“ ins Entsetzliche! Immer mehr dortige Jungs sehen als einzige Gegenwaffe gegen solche Feigheit den „Märtyrertod“ im Selbstmordattentat.

VIERTENS: DAS VERSCHWIEGENE MOTIV – DIE „KILLRATE“

Viertens schließlich: Im Vietnamkrieg war die Statistik der Tötungen Wir vs. Sie (also die Killrate)noch ganz offiziell ein entscheidender Index der Kriegsführung. Ganz offiziell ging das Pentagon davon aus, bei einer Killrate von 10:1 (auf einen toten GI 10 tote „Vietcong“) sei der Krieg binnen 3 Jahren zu gewinnen. Das führte nicht nur zu Massakern an Dorfbewohnern, sondern auch massenweise zu falschen Angaben der kämpfenden Einheiten. Heute dürfte die Killrate weiter (wenn auch inoffiziell) ein wichtiger Index sein. Auch das aber hat Folgen beim Feind: Auch die „dschihadistischen“ Krieger (extrem im Fall von Al Kaida, Al Nusra, IS usw.) streben nach einer „positiven“ Killrate – am ehesten zu erzielen durch Selbstmordattentate wie jetzt in Istanbul: 10 Deutsche gegen einen IS-Krieger, Killrate 10:1.

Es ist nicht sicher, obwohl sehr wahrscheinlich, dass deutsche Touristen gezielt massakriert wurden. Zufall ist wahrscheinlich, dass dieses Massaker nun wirkt wie die „Antwort“ auf zwei deutsche Eskalationsschritte: Am Tage davor starteten die Tornados und verkündete Frau von der Leyen die Anschaffung von Killdrohnen. Leider hat die Eskalation einen Grad erreicht, an dem sie nicht einfach mehr zu ändern sein dürfte. Aber das bedeutet nicht, dass man nun einfach lustig drauflos ständig neue Eskalationsschritte wie jetzt die Killdrohnen noch draufsatteln sollte!

Die Azubis lernen schnell: Schon „selbständig“ eine Hochzeitsgesellschaft ausgelöscht.

Bisher wurden die Angriffe auf Hochzeitsgesellschaften in Afghanistan von westlichen Drohnen auf der Basis von Dienstelisten des CIA, BND usw. ausgeführt (siehe dazu den vorigen Post und mehrere frühere Posts). Gleich zur Feier des „Abzugs“ der NATO scheint nun tatsächlich ein solcher Angriff (mit traditioneller Rakete statt mit Drohne) „hausgemacht“ von der afghanischen Azubi-Armee geleistet worden zu sein. Wahrscheinliches Strickmustere wie üblich: Vermutlich Diensteinformation zu Lasten eines feindlichen Clans. Übrigens sieht man daran, dass die Azubis jedenfalls noch nicht als Drohnenpiloten infrage kommen: Das kommt, wenn überhaupt, erst im dritten Lehrjahr.

Der Krieg ist entschändet worden

1946 schrieb Bertolt Brecht  aus bekanntem Anlass das folgende Gedicht:

 

DER KRIEG IST GESCHÄNDET WORDEN

Wie ich höre, wird in den besseren Kreisen davon gesprochen

Daß der zweite Weltkrieg in moralischer Hinsicht

Nicht auf der Höhe des ersten gestanden habe. Die Wehrmacht

Soll die Methoden bedauern, mit denen die Ausmerzung

Gewisser Völker von der SS vollzogen wurde. Die Ruhrkapitäne

Heißt es, beklagen die blutigen Treibjagden

Die ihre Gruben und Fabriken füllten mit Sklavenarbeitern, die Intelligenzler

Hör ich,  verdammen die Forderung nach Sklavenarbeitern von Seiten der

Industriellen, sowie die gemeine Behandlung. Selbst die Bischöfe

Rücken ab von dieser Weise, Kriege zu führen, kurz, es herrscht

Allenthalben jetzt das Gefühl, daß die Nazis dem Vaterland

Leider einen Bärendienst erwiesen und daß der Krieg

An und für sich natürlich und notwendig, durch diese

Über alle Stränge schlagende und geradezu unmenschliche

Art, wie er diesmal geführt wurde, auf geraume Zeit hinaus

Diskreditiert wurde.

Wie lange dauerte die „geraume Zeit“? Allerhöchstens 54 Jahre, wie wir seit 1999 wissen, als die Kampfjets des Wiedervereinigten Deutschland mit den gleichen Eisernen Kreuzen, mit denen die Stukas des Schandkrieges 1941 bemalt waren, die gleichen Städte (Belgrad, Prishtina u.a.) bombardierten wie während des Schandkrieges. Joschka Fischer brachte es seinerzeit auf den Punkt, warum die neuen Bombardements entschändet waren: Weil Deutschland gerade deshalb, weil es an  Schandbombardements schuld war, nun die Pflicht hatte, wieder zu bombardieren, weil nämlich diesmal Hitler ein Serbe geworden war. Seither wurde er Afghane, Iraker, Libyer – und nun Russe (ein eigentlicher Deutscher war er ja nie gewesen, weil in seinem innersten Wesen ein Asiate, was Ernst Nolte wissenschaftlich festgestellt hatte).

Seit 1999 ist nun wieder geraume Zeit vergangen, und es ist der Quasi-Bischof Joachim Gauck, der nun vom Abrücken abrückt und wieder an die Pflicht heranrückt, „zu den Waffen zu greifen“. Natürlich nicht auf „diese Weise“. Sondern auf entschändete, 100 Prozent saubere Weise, zum Beispiel nächstens mit unbemannten, von der Heimat aus gesteuerten Drohnen, wie Gott selbst. Zusammen mit dem Sozialisten (!) Hollande ergriff er die Gelegenheit „100 Jahre 1. Weltkrieg“ (der ja noch moralisch auf der Höhe war), um noch einmal klarzustellen, dass wir daraus lernen müssen, uns nie wieder einfach wegzuducken, wenn (ja wer wohl?) eine Agression vorbereitet. Er hätte es gegen den Atheisten Brecht auf den Punkt bringen können:

DER KRIEG IST ENTSCHÄNDET WORDEN!

(führerstaat D) Warum so schnell? (Der gute Soldatenmuttimensch Shen Te nimmt schon die Maske ab und setzt den Stahlhelm auf.)

Ich hätte nicht gedacht, dass diese Shen Te so schnell die Maske des robusten Vetters Shui Ta (alias Volker Rühe) absetzen und mit ihm zu ein und derselben Gestalt verschmelzen würde. Aber es ist so: Sie kündigt eine robuste Mali-Mission als Einstieg in „künftig häufigere“ solche Missionen der Bundeswehr an. Sie distanziert sich von der „Kultur der Zurückhaltung“, die sie mit dem Namen Westerwelle verbindet, und bekennt sich damit zu Shui Ta Rühe. Warum nur so schnell? Also von den Kitas und Tagesmüttern binnen einer Woche zu robusten Einsätzen in Afrika? Droht damit nicht der ganze Effekt des „fulminanten Starts“ zu verpuffen? Fulminant durchstarten aus den Kitas in den afrikanischen Dschungel bzw. die afrikanische Wüste?

Zweifellos führt sie die Regierungspolitik durch und spricht also auch für Westerwelles Nachfolger Steinmeier und die Gabriel-SPD. Bei diesem fulminanten Durchstart wird eine Menge im Blitzkriegstempo überrollt:

– die De-facto-Niederlage in Afghanistan (zurück bleibt dort ein noch destabilisierteres Land, viele Leichen, Verletzte und Traumatisierte – und futsch sind Zig Milliarden Euro, mit denen man nicht bloß in Afghanistan, sondern auch in Afrika viel Sinnvolleres hätte unterstützen können. Sieht so „Sparpolitik“ aus?

– die in vielen Umfragen bestätigte Ablehnung solcher „Missionen“ durch die große Mehrheit des Volkes, in dessen Namen gebombt und geschossen wird. Dabei will die Regierung Merkel-Gabriel doch auf „die Menschen“ hören!

– die Unwilligkeit der Jugend bzw. ihrer „guten Köpfe“, sich freiwillig für traumatisierende „Missionen“ in Steppen, Wüsten und Dschungeln zu melden – in Ländern, über die sie nichts wissen und ihre Generäle und Offiziere auch nicht viel mehr – deren Sprachen sie nicht verstehen, so dass sie auf die „Informationen“ einheimischer Dolmetscher und Denunzianten hin töten sollen. (Die Informanten aus Afghanistan drängen sich bereits an den Flughäfen.)

Wir werden also ein neues Lehrstück (im Stile Brechts) erleben können – wie Geld trotz „Sparzwang“ keine Rolle spielt, wenn es um „Deutschlands gewachsene Verantwortung“ (also militärische Weltmachtpolitik) geht – und die Meinung des demokratischen Souveräns noch viel weniger. Nicht einmal der Fraktionszwang wird aufgehoben werden (so wie bei der Frage Bonn oder Berlin).

„Sichere“ Kriege durch Killdrohnen für die Bundeswehr – man kann wissen, wohin diese Reise geht!

Parallel mit der Ernennung einer Frau zur Wehrministerin, die sich dazu bisher nicht äußerte, startete gleich zu Neujahr der Bundeswehrverband mithilfe williger Medien eine großangelegte Kampagne für die „Anschaffung“ (!) von „Kampfdrohnen“ bei der Bundeswehr. In einem früheren Post dieses Blogs wurde festgestellt, dass bei automatischen Killmaschinen, die ihr menschliches Ziel aus dem Hinterhalt und meistens im Dunkeln töten, von „Kampf“ keine Rede sein kann. Es handelt sich schlicht und einfach um Killdrohnen – am Begriff „Kampfdrohnen“ erkennt man die willigen Vollstrecker, gerade auch in den Medien.

Wie versucht der Bundeswehrverband, die größte Lobbyorganisation für die „auch militärische deutsche Verantwortung in der Welt“, d.h. für das Mitmachen Deutschlands in der selbsternannten Welt-Junta von einer Handvoll kapitalkräftiger Weltgendarmen, die Killdrohne an die Charmeoffensive der neuen Ministerin für die „Vereinbarung von Arbeit (!) und Familie unserer Soldatinnen und Soldaten“ anzukoppeln? Mithilfe des Begriffs der „Sicherheit unserer Soldatinnen und Soldaten“. Also Reklame für „sichere Kriege“! Man will Kriege, aber sie sollen „sicher“ laufen – mit Killdrohnen.

Man kann bei solchen Sinnverdrehungen fast den Glauben an die Menschheit verlieren. Die Bundeswehr soll künftig noch mehr Kriege „in Übersee“ führen. Dabei hat sie den Krieg in Afghanistan (unseren „Dreizehnjährigen Krieg“) mehr oder weniger verloren. Gerade erfahren wir, dass Al Kaida im westlichen Irak einen Staat gründen will und schon eine Großstadt (Falludscha) kontrolliert. Als Ergebnis des Kriegs der USA von 2003ff.! Damals gab es keinerlei Al Kaida im Irak. „Wir“ haben den Afghanistankrieg angeblich mitgeführt, um dort Al Kaida und Taliban (bzw. alle möglichen „Aufständischen“) zu besiegen. Vergleicht man das Ergebnis mit dem im Irak, so ist ein ähnlicher „Endsieg“ zu erwarten.

Unsere Regierungen und ihre willigen Medien dröhnen uns den Kopf mit der Formel „Chancen und Risiken“ voll: Jetzt hätten wir eine große Chance, nämlich die Konsequenz aus dem Afghanistan-Desaster zu ziehen und auf die Rolle einer Weltjuntamacht künftig zu verzichten. Was der Bundeswehrverband (vermutlich im Auftrag der Regierung) fordert, ist das genaue Gegenteil: Augen und Ohren zu, das Debakel verleugnen und bereit sein für die nächsten „Abenteuer“. Die nächsten Anti-Guerillakriege werden wir nämlich trotz Vietnam und trotz Afghanistan „sicher“ gewinnen – dank Killdrohnen. Killdrohnen garantieren „Sicherheit für unsere Soldatinnen und Soldaten“… Partisanen werden künftig als „Terroristen“ definiert und sind dann Ziele von Killdrohnen und alles ist „sicher“. In diesem Blog wurde festgestellt, warum diese Rechnung nicht aufgehen kann: Für die Aufstellung der Killlisten für die Drohnen brauchen die Geheimdienste „eingeborene“ Informanten – man kann niemals verhindern, dass diese Informanten ihre Claninteressen vertreten und konkurrierende Clans als „Terroristen“ denunzieren und auf die Killlisten unserer Geheimdienste setzen. Die vielen von Drohnen gekillten Hochzeitsgesellschaften in Afghanistan sprechen Bände. Die Umdefinition eines Antiguerillakrieges in „Terrorbekämpfung mittels Drohnen“ funktioniert nicht – es bleiben Antiguerillakriege, und die sind nicht zu gewinnen, in denen gibt es keine „Sicherheit“.

Wohin im übrigen die Drohnenreise geht, zeigt die Planung des Pentagons: Liest man eines ihrer bekannt gewordenen Papiere, dann glaubt man – sich im Irrenhaus zu befinden? Oh nein, so etwas können die irresten Irren sich nicht ausdenken. Das Pentagon plant nämlich „denkende Drohnen“ für „alle Arten vom Eventualitäten: Aufklärung, Terrorbekämpfung, Bekämpfung von Massenvernichtungswaffen (!!!), Einsätze in umstrittenen Gebieten (!!!!!)“ – Drohnen mit der „Fähigkeit, eigenständige Entscheidungen ohne menschliches Zutun zu treffen“ – ferner Minidrohnen, die „als Schwarm von intelligenter Munition autonom mobile Ziele finden und zerstören können“. Das tischt uns ein Redakteur von SPON mit der üblichen zynischen Distanziertheit zwischen den Meldungen über Lewandowskis Wechsel nach München und Schumis Gesundheitszustand auf.

Und wozu unsere Ministerin das brauchen kann, ist sicher zu simulieren: Um die Anschaffung aktueller Killdrohnen zu „normalisieren“. Sie wird sagen: „Autonome“ Drohnen wird die Bundeswehr nie einsetzen – bei uns wird immer DER MENSCH (ich höre Foucault im Grabe lachen) die Entscheidung treffen. Wir kennen das Spielchen: „Nur Blauhelme – nie Kampfeinsätze; nur mit UNO; nur auf Einladung einer Regierung; nur im NATOgebiet, nie out of area; nie in von Hitler zerstörten Ländern; nur aus der Luft, nie am Boden; Risiko ja, Abenteuer nie“ usw.

Wir warten jetzt auf „hochkarätige“ Völkerrechtler, die – das alles für völkerrechtlich unbedenklich erklären? Nein zum Zynismus: Es muss doch noch welche geben, die das alles für völkerrechtswidrig halten und die Forderung unterstützen, KILLDROHNEN ZU ÄCHTEN.

 

 

Wenn Ulrich Reitz „Afghanistan-Geheimnisse enthüllt“: Vom 13jährigen deutschen Krieg doch noch zum 30jährigen?

Am 28. und 29. 11. 2012 blies die WAZ eine Riesenblase zu Afghanistan auf: Nach angeblich monatelangen „Recherchen“ hatte sie herausgefunden, dass es einen Unterschied zwischen „UdP“ („Unterrichtung des Parlaments“) und „UdÖ“ („Unterrichtung der Öffentlchkeit“) zu Afghanistan gibt. UdP ist geheim. Die Bundesregierung erklärte, der Unterschied sei unbedeutend und rein formal, da er nur verbündete Truppen betreffe. Das stimmt im wesentlichen, und es ist höchst lächerlich, dass die WAZ als angeblich „enthülltes Geheimnis“ ausposaunt, dass die meisten französischen Truppen bereits aus Afghanistan abgezogen wurden („Fall: 8. August 2012“). Das hatte Hollande bekanntlich im Wahlkampf versprochen, und es auch – im Gegensatz zu seinen Sozialversprechungen – gehalten. Was hätte Reitz dazu sagen konnen? Dass die deutsche Supergroße Koalition (einschließlich der SPD und einschließlich vor allem der GRÜNEN!!!) die Möglichkeit verpasst hat, gemeinsam mit dem engsten Verbündeten Frankreich aus Afghanistan abzuziehen. Vor allem hätte er sagen können, warum diese Möglichkeit verpasst wurde: Weil Deutschland auch nach 2014 zusammen mit den USA den Krieg weiterführen will, bloß umgerüstet auf die neue Fünffaktoren-Strategie, auch Petraeus-Strategie genannt (2 D, 2 A plus S): Dienste – Drohnen – „Ausbilder“ – „Azubis“ (einheimische Stellvertretertruppen) – „Spezialkräfte“. Und dass dieser Unterschied darin besteht, dass Deutschland seine neue Rolle als Weltmacht Nummer 2 auch militärisch „erfüllen muss“. Das wäre ein „enthülltes Geheimnis“ gewesen, und nicht die Feststellung, dass „deutschen Soldaten unter Feindfeuer (Schreckliches) widerfährt“ oder dass das Karzai-Warlords-Regime korrupt ist oder dass in Afghanistan massenweise Mohn angebaut wird. Wenn das bisher durch eine „Schweigespirale“  vertuscht worden wäre, dann hätte ja dieses Blog hier seit Jahren ständig „Geheimnisse enthüllt“.

Ginge der Afghanistankrieg der Bundeswehr wirklich 2014 zuende, dann wäre es ein 13jähriger Krieg gewesen, und als solcher trotzdem  bereits der längste deutsche Krieg seit dem 30jährigen. Aber es sieht ganz danach aus, dass den deutschen Funktionseliten 13 Jahre nicht reichen, um ihrer neuen Rolle in der Weltjunta zu entsprechen. Am 28. 9.2012 brachte die WAZ einen Artikel: „Viele Afghanistan-Kämpfer kehren krank zurück“. Es ging dabei um „PTBS“ (Post-Traumatische-Belastungs-Störung). „2008 zählte die Bundeswehr 255 PTBS-Patienten, im Folgejahr 455, im Jahr 2010 dann 729 und 2011 inzwischen 922.“ Plus „Dunkelziffer“ von 45 Prozent. Das sind schreckliche Zahlen, und ich finde es nicht richtig, dass einige Kriegsgegner sagen: selbst inschuld, da freiwillig. Statt dessen wäre zu sagen: schreckliche Opfer eines verkorksten Anti-Guerillakrieges für die „deutsche Weltgeltung“ – allerdings tatsächlich statistische Peanuts gegen die Opfer auf afghanischer Seite.

WNLIA

Aber gilt nicht wirklich: „Gnade uns Gott, wenn die Taliban zurückkehren?“ Wie in diesem Blog immer wieder erklärt, gilt es als erstes, sich aus der falschen Alternative „Anti-Guerillakrieg oder Taliban“ zu befreien: WNLIA = Weder-Noch, Lieber Irgendwie Anders“. Die Alternative ist völlig falsch, da auf „unserer“ Seite die (ebenfalls terrorpatriarchalisch-fundamentalistischen) Warlords kämpfen, die bereits jetzt (wie schon in den 1990er Jahren) ein ebenso frauenfeindliches Terrorregime wie das der Taliban wiedererrichtet haben. Immerhin hat die WAZ das Verdienst, auf „unseren“ engsten Verbündeten Dostum hingewiesen zu haben, der vermutlich den Schlächter- und Folterer-Rekord des ganzen Krieges hält und noch die Taliban „abhängt“. (Übrigens war Dostum auch schon aktiv, als noch die Sowjetunion einen Anti-Guerillakrieg für Fortschritt und Frauenemanzipation führte – er war damals „Gewerkschaftsführer“; seine Leute kamen dann in der DDR unter, lernten flüssig deutsch und dürften heute zu den besten Informanten der Bundeswehr zählen.) Die (glücklicherweise keineswegs schwachen) sowohl für Demokratie und Frauenrechte wie für Unabhängigkeit engagierten Afghaninnen und Afghanen, etwa vertreten von Malalai Joya, fordern WNLIA, und darunter den sofortigen vollständigen Abzug der Besatzungstruppen und das Ende „unserer“ Finanzierung der Warlords, deren Stärke auf den Bajonetten der NATO beruht (die sich leider inzwischen in modernste Haubitzen, Kampfhubschrauber, Kampfjets und Drohnen verwandelt haben).

Der „Bruch der Schweigespirale“ durch Reitz lässt also leider alle wesentlichen „Geheimnisse“ aus: Nicht zuletzt auch die Kosten von bisher über 10 Milliarden Euro des „deutschen Steuerzahlers“, zu denen weitere zig Milliarden hinzukommen werden, wenn es nach den Plänen von de Maizière gehen soll: Aufrüstung mit Drohnen, um PTBS überflüssig zu machen und trotzdem weiter nach unkontrollierbaren Denunziationslisten der Geheimdienste ohne Kombattantenstatus und ohne Gerichtsverfahren wegen mutmaßlichen Terrorismus killen zu können. Ebenso die Pläne, zusammen mit den USA den Krieg endlos weiterzuführen, und zwar mit 1500 Soldaten plus x (USA: 10000 plus x). Vor allem: Durch diese Verstetigung des Krieges auch das frauenfeindliche Terrorregime der Warlords zu verstetigen. (Westerwelle: „Wir lassen Afghanistan nicht im Stich.“) Wetten, dass all das im Wahlkampf überhaupt keine Rolle spielen wird? Weder für „die Politik“ noch für die Medien (einschlicßlich WAZ)? Das betrifft schließlich „Deutschlands nationale Sicherheit“ („Weltgeltung“, Rolle als Weltmacht Nr. 2 und Mitglied der Weltjunta) – wo kämen wir hin, wenn Hausfrauen darüber mitreden wollten.

„Killerdrohnen sind ethisch neutral – also sofort her damit“, meint unser Luftwaffenchef und will sie schon in Afghanistan einsetzen

Den Namen wird man sich merken müssen: Wir haben einen neuen Generalinspekteur der Luftwaffe, er heißt Karl Müllner und hat den Rang eines Generalleutnants. Wenn die Medien (in einer kleinen, völlig „normalen“ Meldung, z.B. SPON 30.8.2012) richtig berichten, vertritt er „aggressiv“ die Ansicht, jede Waffe sei als solche „ethisch neutral“ (also offenbar auch ABC-Waffen!?!). Daraus würde folgen, dass die „Ethik“ bloß davon abhänge, ob die Waffe von good guys oder bad guys eingesetzt werde. Da seine Luftwaffe zum „Westen“ und zur „Demokratie“ gehört, ist die Sache klar: seine Luftwaffe ist immer good guys und also immer „ethisch“ okay.

Also kann es sofort losgehen: Killerdrohnen sind, da Waffen, als solche „ethisch neutral“ – die Bundeswehr ist, da demokratisch, immer bei den good guys – also kann sie sofort mit dem Einsatz von Killerdrohnen beginnen. Logischerweise dort, wo sie gerade schon Krieg führt, also in Afghanistan.

Für dieses Blog ist das alles nicht neu: Dass Deutschland im Unterschied zu Ländern wie den Niederlanden, wie Frankreich und Australien nicht vor 2014 aus dem gescheiterten Krieg am Hindukusch abziehen will und statt dessen gerne über 2014 hinaus bleiben will, hat sicher u.a. den Grund, neue Waffen „erproben“ zu wollen. Und zwar eben die neuen Waffen für die „Kriege der Zukunft“, die als Antiguerillakriege ohne Kombattantenstatus des Feindes laufen sollen, so dass der Feind nach geheimen Listen von Geheimdiensten geheim gekillt werden kann -ohne Haager Kriegsordnung, aber auch sogar ohne Anklage wegen Terrorismus, ohne Verfahren und ohne Urteil. Dieser „Krieg der Zukunft“, der von Wissenschaftlern wie Reiner Huber (Universität der Bundeswehr in München) oder Christian Mölling (Deutsches Institut für Internationale Politik und Sicherheit, nach SPON 25.8.2012) schon eifrig „beforscht“ wird, soll die Bevölkerungen der wenigen Weltjunta-Mächte, darunter Deutschlands, überhaupt nicht mehr „stören“. Keine eigenen Toten, Verletzten und Traumatisierten mehr, alles erledigt durch nächtliche chirurgische Schläge aus Drohnen, deren „Piloten“ sich als „ethisch neutrale“ military digital natives verstehen sollen.

Wird es tatsächlich möglich sein, diese „Reform der Bundeswehr“ ohne öffentliche Debatte und ohne nennenswerten Widerstand klammheimlich „durchzuziehen“? Wird dieses „Thema“ tatsächlich keine Rolle im Wahlkampf 2013 spielen? Werden es die Piraten fertigbringen, einen Wahlkampf ohne dieses „Computerthema“ zu führen? Das bisherige Desinteresse der veröffentlichten Meinung und die Sprachregelung, Killerdrohnen seien nur deshalb teilweise noch „umstritten“, weil sie nicht sicher gegen „Kollateralschäden“ seien, verheißt nichts Gutes. Der springende Punkt sind nicht die „Kollateralschäden“ (die bei den Drohnen angeblich viel geringer sein sollen als bei anderen Waffen), sondern der totale Geheimkrieg, in dem geheime Denunzianten über geheime Killlisten den Feind ohne jede Kontrolle definieren und zur geheimen Killung freigeben. Wollt ihr den totalen Geheimkrieg?

Also doch deutsche Killerdrohnen – und das im Eiltempo.

Wer erinnert sich nicht an all die heiligen Schwüre unserer Politiker: Niemals Bundeswehreinsätze, wenn kein Angriff auf das Bundesgebiet besteht! Niemals Kampftruppen, nur Blauhelme! Niemals out of area! Niemals Bodentruppen! Niemals Bundeswehr in von der Wehrmacht plattgemachten Ländern! Niemals in Ländern ohne nationales Interesse! Jedenfalls niemals ohne UNO-Mandat (1999 auf dem Balkan bereits gebrochen)!

Und bisher: Wenn schon Drohnen, dann bloß „Aufklärungsdrohnen“ – jedenfalls keine Killerdrohnen. Jetzt aber plötzlich doch (das Tempo wird immer atemberaubender) im Eiltempo auch Killerdrohnen!

Was ist das „Umstrittene“ an Killerdrohnen? Nur dass sie „Kollateralschäden“ („Zivilistenkillungen“) riskieren? Damit ist bereits das Wesentliche „geschluckt“: Denn auch die Killungen von „mutmaßlichen Terroristen“ sind selber reiner Terror. Wie laufen sie ab? Geheimdienste (bei uns Verfassungsschutz, BND und MAD – mit der bekannten „Effizienz“) stellen „Listen“ von Menschen auf, die zur umstandslosen Killung freigegeben werden. Wie kommt ein Mensch auf die Liste? Durch „Informanten“ (bei denen persönliche Rachemotive nicht ausgeschlossen und in Afghanistan und Pakistan „normal“ sind: all die gekillten Hochzeitsgesellschaften). Aber entscheidend ist: Alles ist streng geheim, von niemandem überprüfbar, weder „Informanten“ noch Dienstmänner noch Militärs stehen unter der geringsten juristischen Überprüfung – es geht ja um „nationale Sicherheitsinteressen“. Die zu killenden „Fighters“ sind weder als Soldaten (Kombattanten) anerkannt noch absurderweise aber auch als Kriminelle – es sind „Terroristen“, ohne Kriminelle (Verbrecher) zu sein. Denn sonst müssten sie vor ein Gericht gestellt werden. Das ist noch längst nicht alles: Bei den meisten Menschen auf den Killlisten handelt es sich nicht einmal um Verdächtige, die an tatsächlichen Terrorakten beteiligt gewesen sein sollen – zum großen Teil geht es um Leute, die nach der Aussage von geheimen Informanten „künftige Terrorakte planen“.

Nochmals: So wie die „Überlegungen“ der Bundeswehr (und der deutschen „Militärexperten“ der hegemonialen Parteien) medial bereits jetzt dargestellt werden, ist all das bereits akzeptiert und „abgehakt“ – die „Zweifel“ beziehen sich bloß noch auf das Risiko von „Kollateralschäden“ (mitgetroffenen „unschuldigen Zivilisten“, also Frauen und Kindern). Aber wir wissen bereits, dass solche Kollateralschäden „nie ganz auszuschließen sind“. Oberst Klein hat eine reine Weste – er bekam nicht mal ein Verfahren, es wurde eingestellt.

Jetzt können wir gespannt sein (dass CDU und SPD diese „Modernisierung“ – mit „genauen Eingrenzungen“ natürlich! – abnicken werden, ist klar) – jetzt warten wir auf die Grünen und die Piraten (deren ureigenes militärpolitisches Thema das sein müsste – aber sie haben schon de Maizières Regierungsrat Schlömer zum Vorsitzenden und die ex-grüne Balkan- und Hindukusch-Stürmerin Angelika Beer zur „militärpolitischen Expertin“ gewählt …). Die Linke wird wahrscheinlich mal wieder als einzige dagegenstimmen (was die hegemoniale Mediopolitik mit der „Mauer“ kontern wird wie gehabt).

Nicht einmal das Geld wird eine Rolle spielen – man wird die Killerdrohne als „außerordentlich preiswert“ hinstellen, wie bereits in den USA geschehen. (Aber das wird nicht etwa heißen, dass „Deutschland“ nicht auch Kampfflugzeuge, Schlachtschiffe,- U-Boote, Panzer und Kampfhubschrauber – und warum nicht Flugzeugträger – „dringend benötigen“ würde – im Gegenteil – all das „sowieso“ – plus jetzt auch noch Killerdrohnen und Killerdrohnenpiloten, ja eine ganze neue „Waffengattung“ für Killerdrohnenkriegführung.

So viele Tote, Verkrüppelte, Traumatisierte für die „Stabilisierung“ – und am Ende eine Koalition aus Warlordverbrechern und Taliban! Nie wieder Weltjuntakriege!

Was die Gegner des NATO-Krieges und besonders des deutschen „Engagements“ seit Jahren gesagt haben, ist nun auch offiziell: Die von „uns“ mit Geldfässern ohne Boden, Nightraids, Bombardements und Drohnenattacken am Leben gehaltene und zu „stabilisierende“ Regierung Karzai ist eine Regierung von Kriegsverbrechern genauso schlimmer Sorte wie die Taliban (abgesehen vom Opiumhandel). Insofern ist es nur „logisch“, dass am Ende dieses 14jährigen oder längeren Krieges eine Koalitionsregierung aus Warlords und Taliban stehen wird, wenn die demokratischen Strömungen in allen Völkern Afghanistans diese „Pointe“ des westlichen „Engagements“ nicht noch verhindern. Dazu müssen sie aber die Hände frei bekommen, wozu die erste Bedingung der Abzug der Besatzertruppen ist. Wenn die Bundeswehr dem französischen Kontingent folgen würde, wäre das ein entscheidender Schritt. Wem all diese Zusamnenhänge unbekannt sind, weil insbesondere die Grünen-Spitze die Lage am Hindukusch systematisch vernebelt, der (oder die) kann das Wichtigste nachlesen im Buch der afghanischen Dissidentin und Emanzipationsengagierten Malalai Joya („Raising my voice“, auch auf Deutsch).

Wir wissen nun auch aus offiziellen Quellen, für welche „Stabilität“ die Bundeswehr mit ihren Haubitzen am Hindukusch rumballert. Während „unsere Jungs“ Nightraids gegen denunzierte Dörfer „fahren“ und der Opiumanbau blüht, führte „unser“ Topgeheimdiplomat Michael Steiner schon seit 2010 in Pullach (!!! welche Symbolik: wo der BND unter Gehlen die Arbeit des Nazi-Militärgeheimdienstes nonstop weiterführte) „Sondierungsgespräche“ mit engen Vertrauten des Mullah Omar. Es wäre schon längst alles „in trockenen Tüchern“, wenn Karzai selber nicht Angst gehabt hätte, ausgebootet zu werden! Und jetzt stellt man Karzai ein Ultimatum so wie den Griechen und Spaniern.

Egal wie „komplex“ die Lage sein mag: Ihre entscheidende Basisstruktur lautet: Deutschland macht hegemoniale und mehr und mehr imperiale „Weltpolitik“ – nicht bloß wirtschaftlich, sondern als führendes Mitglied einer selbsternannten Weltjunta auch militärisch. Wohin das führt, ist jetzt klar. Die Mehrheit des Volkes will das nicht. Also kann die Umrüstung der Bundeswehr auf eine reine Weltjunta-Interventionstruppe für Drohnen- und Dienste-Kriege jetzt noch gestoppt werden. Und es ist nun  einmal so: Das entscheidende Kettenglied sind die Grünen. Man kann sich doch eigentlich schlecht vorstellen, dass die grüne Basis eine solche deutsche Militärpolitik will. (Auch die Piraten könnten noch die Weiche richtig stellen.)

Wenn die Psyche desertiert: mehr Selbstmorde als Heldentode

Die letzte Möglichkeit zur Befreiung aus schmutzigen Kriegen (und welche wären sauber?) war, seit es Kriege gibt, die Desertion. Vor der modernen Nation mit ihrer Wehrpflicht gab es schon einmal freiwillig-professionelle Soldaten: die Söldner. Ihrer Freiwilligkeit wurde massiv mit Alkohol und anderen „Werbemethoden“ nachgeholfen – entsprechend hoch war die Desertionsrate. Auch in den Wehrpflichtarmeen, in denen Deserteure teils mit der Todesstrafe bedroht waren, gab es Gelegenheiten, „die Kirschen der Freiheit“ (Alfred Andersch) zu pflücken: Man konnte zum bekannten Feind überlaufen oder in bekannten Bevölkerungen untertauchen.

Anders die Situation in Antiguerillakriegen in „Übersee“: Dort gab es anscheinend keine Chance, in den „Dschungel“ zu desertieren. Aber man konnte sich im Vietnamkrieg als Wehrpflichtiger rechtzeitig nach Kanada oder Frankreich durchschlagen. Das führte zu einer wahren Massendesertion, weshalb die USA (und dann auch alle anderen Weltjuntastaaten, zuletzt auch Deutschland) die Wehrpflicht abschafften und zur Freiwilligkeit und zum Professionalismus der Söldnerheere zurückkehrten.

In Kriegen wie dem in Afghanistan scheint wirklich jede Chance auf Desertion verbaut: Zu den Taliban überlaufen? Man kann sich ihnen nicht einmal sprachlich verständlich machen, sie würden einen umbringen. Also heißt die Reaktion auf den häufigen Anblick zerfetzter Körper von Sprengfallen der Aufständischen und Luftschlägen der eigenen Kameraden und auf den Horror der Nightraids wie früher „Zusammenreißen“, „auf die Zähne beißen“, „Mann sein“ und neuerdings dann auch noch „Stress-Management“.

Damit lässt sich aber die Psyche (bzw. der Psychosoma) nicht überzeugen – bis sie schließlich die letzte Fluchtschneise erzwingt: die depressive Erkrankung und sogar den Selbstmord. Ich muss gestehen, dass ich die Zahlen, die von mehr Selbstmorden als Todesfällen im Kampf bei der US-Armee in Asien berichteten, zuerst bezweifelte, als ich sie sah. Aber sie werden jetzt offiziell vom Pentagon bestätigt – sie beweisen, dass die Antiguerillakriege nicht nur am Gegner, sondern sogar an den residualen anthropologischen Gegebenheiten selbst der „härtesten Männer der Welt“ scheitern. Sie sind ausweglos. Da sie aber dennoch geführt und gewonnen werden „müssen“, folgt jetzt die smart defense, das heißt der reine Drohnenkrieg als Computerspiel ohne realen Anblick von Leichen.

All das bringt die Antiguerillastrategen der Bundeswehr in eine enorm wacklige Lage: Ein lautes Begehren des Volks könnte jetzt sowohl den Rückzug aus Afghanistan erzwingen wie die Umrüstung auf smart defense von vornherein blockieren. Könnte.

Die realexistierende Vorbereitung des Abzugs: Wieder ein NATO-„Luftschlag“ gegen eine Hochzeit

Wer die Logik des Antiguerillakriegs in Afghanistan nicht kennt, muss die NATO langsam für eine Bande von Sadisten halten, weil das „kollektive Sicherheitssystem“ (so definierte das Bundesverfassungsgericht in seinem Grundsatzurteil von 1994 die NATO, um der Bundeswehr De-facto-Angriffskriege in aller Welt zu ermöglichen) mit böser Regelmäßigkeit in Afghanistan seine „Luftschläge“ gegen Hochzeitsgesellschaften führt – wie nun schon wieder. Die zugrundeliegende Logik wurde in diesem Blog oft erklärt und ist dennoch sehr wenig bekannt: Eine sprach- und kulturunkundige Besatzungsarmee wie die NATO einschließlich der Bundeswehr in Afghanistan ist bei ihrem Antiguerillakrieg gegen „Aufständische“ (Taliban und andere) 100prozentig abhängig von ihren einheimischen Geheimdienst-Informanten und -Denunzianten, die ihr die c/k-Listen (capture or kill) beliefern. Das gibt diesen Informanten die billige Möglichkeit, persönliche und kollektive Feinde (andere Großfamilien, Clans, Sprachgruppen) als „Taliban“ und „Aufständische“ zu denunzieren und einen „Luftschlag“ dagegen quasi zu „bestellen“. Deshalb immer wieder NATO-„Luftschläge“ gegen Hochzeitsgesellschaften, bei denen eine solche Großgruppe nichtsahnend versammelt ist.

Zusammengebombte Hochzeitsgesellschaften sind schlecht zu verheimlichen und noch schlechter als Amokläufe eines ausgerasteten Traumatisierten zu erklären (dessen Massaker dann bald „aus den Schlagzeilen verschwindet“ wie neulich). Aber solche spektakulären Massaker im Namen der „Stabilisierung“ sind lediglich die Spitze des Eisbergs. Der neue Fall ist ein wahrlich „schlagendes“ Symptom für die Tatsache, dass hinter der medialen Rhetorik von den „logistischen Problemen bei der Vorbereitung des Abzugs“ in Wahrheit eine neue „beinharte“ Sommeroffensive der NATO steckt. Es ist die Sommeroffensive Nummer 11. Bei jeder dieser Sommeroffensiven werden die „Aufständischen“ mit der Wurzel ausgerottet („eradicated“) – leider wachsen sie in jedem Winter wieder nach, weshalb sich in jedem nächsten Sommer zeigt, daß „der Job keineswegs schon erledigt ist“. Die Niederlande, Australien und jetzt Frankreich sind diesen „Job“ inzwischen leid. Sie erklären ihn für „erledigt“ und ziehen ab. Vor allem die USA, England und Deutschland wollen den „Job“ weitermachen und dabei „on the job“ transformieren in einen künftigen unbegrenzten smart-defense-Geheim- und Drohnenkrieg über 2014 hinaus. Deshalb wird diese Hochzeitsgesellschaft vermutlich leider nicht die letzte sein, die von der NATO massakriert wurde – künftig werden allerdings nur noch Drohnen den „Job“ weiterführen – und auch darauf bereitet sich die Bundeswehr schon eifrig vor. Für die Öffentlichkeit gibt sie derweil mit ihrer hypermodernen Abteilung „Cyberwar“ an, die feindliche Computernetze zer-hacken soll.

„Im Prinzip“ gäbe es die Möglichkeit, die Bundeswehr zusammen mit dem französischen Kontingent abzuziehen und gleichzeitig die künftige routinemäßige Beteiligung der Bundeswehr an weiteren Antiguerillakriegen, vermutlich mit „smart defense“ (Geheimdienste als strategische Führung, Denunziation, c/k-Listen, Drohnenkillungen) demokratisch „abzuwählen“. Die Mehrheit des Volkes will keine solche Bundeswehr – „im Prinzip“!

Im Beruf Schreibtischmanager der Piratenjäger – in der Freizeit Chef der Piraten

Am Schluss des letzten Posts wurde die Frage gestellt, wie die Piraten es eigentlich mit den „neuen Kriegen“ der Bundeswehr hielten. Eine piratenmäßig naive Frage! Zweidrittel ihrer Bundesdelegierten haben jetzt einen Bundesvorsitzenden gewählt, der Regierungsdirektor im Verteidigungsministerium mit direkter Zuständigkeit für die Bundeswehrunis ist. Auf Befragen erklärte er sich für die neuen Buwe-Kriege (als Beamter musste er das ja auch wohl – er schuldet seinem Dienstherrn de Maizière „Treuepflicht“). Er fügte aber hinzu, sollte die Partei das aber ablehnen (bisher hat sie noch keine Meinung dazu), so würde er das respektieren (also geht er davon aus, dass sein Dienstherr diesen Respekt nicht als Verstoß gegen seine Treuepflicht werten würde – aus welchen Gründen auch immer).

Also: hoher Beamter, hohe Treuepflicht. Weiter: „Verteidigungsministerium“ – also „Verteidigungs“-Begriff der Bundeswehr, das heißt „Verteidigung unserer Sicherheit am Hindukusch“ (oder sonstwo in der weiten Welt).

Und dann noch die Pointe, die man sich auf der Zunge zergehen lassen muss: Er muss natürlich auch die „Operation Atalanta“ unterstützen (und ist direkt zuständig für alle, etwa völkerrechtlichen, wissenschaftlichen Expertisen über die Legitimation der „Operation Atalanta“). Und was ist die „Operation Atalanta“? Es ist der bisher größte Quasi-Krieg der Bundeswehr gegen die Piraten! Öööh? höre ich die Zweidrittel der Piraten von Neumünster fragen. Ganz einfach: gegen die echten Piraten vor der somalischen Küste. Arme Schweine, die durch Erpressung für ihren Clan was von den Öl-Milliarden der Tanker abzweigen wollen. Natürlich illegal, natürlich ein Fall für die Justiz.

Aber auch ein Fall für die Bundeswehr? Ein Quasi-Krieg wie schon der berühmte „War on Terror“? Und konkret ein Fall für die geballte Wehr der EU? (Ja, zum erstenmal der EU – womit nach der NATO jetzt auch die EU absurderweise zum „kollektiven Sicherheitssystem“ umgelogen werden soll.) Wahrlich jede Menge Probleme für „wissenschaftliche Beschäftigung“ – und wer führt die Feder? Der neue Chef der Piraten! Der Oberpirat als Schreibtischmanager der Piratenjagd!

Das ist noch nicht alles: Diese Piratenjagd läuft inzwischen nach dem berühmten c/k-System (catch or kill, das heißt im Fall von Luftangriffen nur kill). Und tatsächlich ist „Atalanta“ nun „erweitert“ worden auf den ausgedehnten „Strand“ (wieviel Kilometer landeinwärts, ist nicht ganz klar: Da könnte der Regierungsdirektor und Piratenchef eine Expertise anleiern!).

Und wie läuft diese Strand-Piratenjagd konkret? Mit Drohnen! Also als Teil der künftigen Drohnenkriege der Bundeswehr, in denen Terroristen bzw. auch Piraten nach c/k-Listen, die von Geheimdiensten auf der Basis anonymer Denunziationen fabriziert werden, ohne Verfahren gekillt werden. Viel Stoff für Piraten, sollte man meinen: Drohnen sind immerhin Computerwaffen – c/k-Listen sind immerhin ein Problem von Datentransparenz. Aber die Zweidrittelpiraten brauchen sich um all das nun nicht mehr zu kümmern – darum kümmert sich ja schon ihr Großer Vorsitzender.

Ehrlicherweise sollten die Piraten mindestens ihr Wappen ändern: Die schwarze Piratenflagge passt nicht mehr – sie sollten sie durch das Eiserne Kreuz ersetzen (und dann auch bald den Namen ganz aufgeben). [Wie schade, wo Liquid Democracy eine erstklassige Idee ist. Man darf die Hoffnung noch nicht aufgeben – vielleicht erfahren seine Wähler mittels Liquid Knowledge doch noch, wen sie da gewählt haben.]

3 Nachrichten, 1 Tendenz: „G 5+1“ – „no risk no fun“ – Petition der afghanischen Dolmetscher

Drei Nachrichten, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben:

In Istambul verhandelt die „G 5+1“, d.h. die Gruppe der Vetomächte plus Deutschland, in einer neuen Runde über das iranische Atomprogramm. Niemand stellt die Frage, warum und wieso die G 5 einen Ableger +1 bekommen hat und wieso „D“ und nicht etwa Japan, Kanada (Mitglieder der G7) – oder gar so große Länder wie Indien, Brasilien usw.  Ja wie ist es dazu gekommen, dass D und nur D praktisch kooptierte Vetomacht wurde? (Antwort: Weil nur D inzwischen nicht bloß ökonomische Spitzen-„Verantwortung“, sondern auch militärische Spitzen-„Verantwortung“ wahrnimmt. Denn letztlich geht es ja beim iranischen Atomprogramm um militärische Dinge, oder?)

Der neue BND-Chef hat ein Interview gegeben, das z.B. der „Spiegel“ lustig findet: Er brachte da nämlich einen lustigen englischen Spruch: „No risk no fun!“ Dieser Spruch bezog sich auf seine Forderung, die Agenten des BND müssten in aller Welt jetzt mal richtig Muskeln zeigen – sehr viel offensiver werden, mehr zum CIA aufrücken. Ob das so spaßig ist, wie der „Spiegel“ meint? Eher steht es in folgendem Kontext: Als „Lektion aus Irak und Afghanistan“ implementieren die USA gerade eine neue globale Anti-Guerilla-Strategie, die eigene Bodentruppen stark zurückfahren und sich statt dessen vor allem auf eine „Synergie“ von Drohnen, Diensten wie CIA und BND (mit jeweils einheimischen Informanten- und Denunziantennetzen) und je einheimischen Stellvertreter-Söldnern („Azubis“) stützen soll. Da kommen in der Tat enorme neue „Verantwortungen“ auf den BND zu: No risk no fun!

Schließlich haben die afghanischen Dolmetscher der Bundeswehr dieser eine Petition überreicht, um für die Zeit nach dem Abzug der Bodentruppen die Option des Asylstatus einzuklagen (FAZ 14.4.2012). Sie machen sich (ganz sicher zu Recht) Sorgen, dass man sie anklagen wird, Agenten und Denunzianten gedolmetscht zu haben, die dann zu gezielten oder kollateralen Killungen führten. Während die anderen NATO-Truppen, u.a. die der USA (Erinnerungen an Vietnam werden wach), bereits die Asyl-Option geöffnet haben sollen, scheint sich D mal wieder zugeknöpft zu geben.

Wie man sieht, haben diese drei Meldungen einen sehr „stabilen“ gemeinsamen Nenner: D ist nicht nur wieder da – D robbt sich gar nicht langsam an die 2. Position direkt nach der Supermacht heran. – Und darüber wird nicht diskutiert (auch nicht bei den Piraten), darüber gibt es keine Talkshows, darum werden keine Wahlkämpfe geführt. Dabei wäre es doch wirklich eine Frage an das Volk: Wollen wir eigentlich wirklich Weltgendarm Nr. 2 werden (oder auch bloß Nr. 3)? Mit gut 1 Prozent der Weltbevölkerung?  Soll es denn stimmen, dass statt der Menschen nur die Märkte sowas bestimmen?

Es gibt eine andere, vernünftige Option: Der Rückzug aus Afghanistan muss gleichzeitig der Rückzug aus der selbsternannten Welt-Junta werden: Nie wieder Anti-Guerillakriege der Bundeswehr in „Übersee“.

Die neue Fassung des alten Liedes: „Wir werden weiter stablisieren/ Bis alles…“

Im Spiegel vom 2. April ist viel vom Abzug aus Afghanistan die Rede (Titel: „Gute Heimreise!“) – vor allem sei der Abzug ein wahnsinniges, kaum lösbares „logistisches“ Problem. Dabei geht unter, dass alle offiziellen Aussagen der Generäle schizophren sind: Wenn sie von Abzug reden, betonen sie stets im gleichen Atemzug, dass sie aber weiter „stabilisieren“ müssten und wollten. Das macht eine kurze Lektion in Bundeswehr-Neusprech notwendig:

stabilisieren gleich: Krieg führen, schießen, bombardieren, „Luftunterstützung anfordern“, Nightraids gegen denunzierte Dörfer durchführen.

Spiegel: „Eines sei klar, sagt ein General der Bundeswehr: Wenn wir die Afghanen nach 2014 alleinlassen, bricht dort alles zusammen.“ Sinn dieser Aussage: Wir müssen auch nach 2014 drinbleiben und weiter stabilisieren. Das sagt auch der Oberkommandierende Allen auf amerikanisch: „Der Job ist keineswegs erledigt.“ Also: „Wir“ haben 10 Jahre stabilisiert, und die Lage ist nach 10 Jahren Stabilisierung so stabil, dass im Augenblick, wo wir zu stabilisieren aufhören, sofort „alles zusammenbricht“. (Das alte Lied.) Was aber bricht eigentlich zusammen? Etwa die Völker Afghanistans? Konkret doch eher die „stabile“ Herrschaft „unserer“ Warlords (die größtenteils genauso fundamentalistisch und frauenfeindlich sind wie die – keineswegs einheitlichen – Taliban). Die demokratische Frauenbewegung in Afghanistan, für die Frauen wie Malalai Joya sprechen, fordert jedenfalls das sofortige Ende der Stabilisierung und den sofortigen Abzug der NATO-Truppen, um die Hände frei zu bekommen für eine Demokratisierung Afghanistans, die mehr als eine zynische Sprechblase ist.

Klar ist: Auch die demokratischen Strömungen der Völker Afghanistans sind es leid, sich von „uns“ (von unseren Weltjunta-Soldaten) stabilisieren zu lassen. Sie werden den Abzug erzwingen, auch wenn Allen für 2012 neue blutige Schlachten gegen die „Aufständischen“ ankündigt und ganz offen sagt, die USA würden auch nach 2014 bleiben, zusammen mit … „Deutschland“!!! Wer hat ihm diese Nibelungentreue versprochen?! Trotzdem wird der Abzug kommen, weil er notwendig und umso besser ist, je früher er erzwungen werden kann. Für die Bundeswehr muss der Abzug aus Afghanistan aber mehr sein, und zwar gleichzeitig der Abzug aus der Weltjunta insgesamt: Nie wieder solche Stabilisierungskriege der Bundeswehr in aller Welt. Diese Art Kriege wollen die Völker „in Übersee“ nicht, und auch die Mehrheit des deutschen Volkes will sie nicht.

Operation West-östlicher Divan: Lage aussichtslos

Vorgestern wurde an dieser Stelle angenommen, dass die Bundeswehr von den Volksaufständen gegen die Besatzer in Afghanistan kaum ungeschoren bleiben würde. Schon heute bestätigt sich das in allerdings extremem Grade: Die Bundeswehr gibt ihren Stützpunkt in Talokan überstürzt auf – genauer gesagt; hat ihn schon aufgegeben und die Soldaten bereits unter Zurücklassung von Material nach Kundus zurückgezogen. Damit hat sie aber zwei Jahre blutige Antiguerilla-Offensiven mit Opfern auf bei den Seiten nach der Strategie „Clear and hold“ in ihrer Zone als völlig vergeblich liquidiert.  Bereits der tödliche Anschlag auf Daud Daud und die  Bundeswehrspitze in Talokan hat diese Stadt, wie in diesem Blog seinerzeit dargestellt, bereits zu einem kleinen „Stalingrad“ für die Bundeswehr gemacht.

Und heute weiß man auch ein bisschen mehr über die Koranverbrennungen: Es handelte sich vermutlich um Exemplare, die die Häftlinge mit chiffrierten Versen als Geheimsprache untereinander austauschten. Also tatsächlich genau wie Goethe und Marianne von Willemer seinerzeit ihre Hafisausgaben! So blamiert die Bundwehr nebenbei auch noch die deutsche Kultur – denn die Hoffnungslosigkeit der angekündigten „Schulungen“  ist extrem: „Unsere Jungs“ sollen nicht nur Korane in Schönschrift identifizieren lernen, sondern auch noch 1. erkennen, ob im Koranumschlag was anderes steckt, und 2. verdächtige Anstreichungen von Versen als Chiffren entziffern können! Und wer soll unsere Jungs schulen? Unsere Generäle? Die wenigen Dolmetscher werden sich ebenfalls immer mehr „absetzen“. Kurz und gut: Die Lage ist aussichtslos.

Dadurch werden fundamentalistische Taliban keinen Deut besser – sie werden aber, wie man jetzt sieht, durch ausländische, kulturfremde Besatzer mit Clear and Hold, Nigthraids und Killerdrohnen gestärkt statt geschwächt. Jeder Tag, den die Bundeswehr jetzt noch weiter in Afghanistan bleibt, treibt die menschlichen, politischen und monetären Kosten weiter ins Absurde. Der Rückzug ist unvermeidlich – er muss zum Rückzug aus der Weltjunta-Bundeswehr insgesamt werden: Nie wieder Antiguerillakriege und Besatzungskriege der Bundeswehr in „Übersee“.

Wenn der Bundeswehrnachwuchs jetzt auch noch arabische Schönschrift lernen muss, bekommt de Maizière ein Problem

Was ist im Lager Bagram (dem größten in Afghanistan, in dem „Aufständische“ konzentriert sind) eigentlich passiert, dass schon wieder alle Stabilisierungserfolge von Monaten mit einem Schlag zum Teufel sind? Wie es heißt, bekamen US-Soldaten den Auftrag, „extremistische“ Schriften, die bei Häftlingen gefunden worden waren, auf einer Müllkippe heiß zu entsorgen. Für die eigentliche Arbeit gab es afghanische Hiwis. Die entdeckten nun unter den bereits teilweise angebrannten Schriften auch Exemplare des Korans: Aufschrei, Aufruhr im  Lager, dann vor dem Lager, dann in Kabul, dann im ganzen Land. Entschuldigungen über Entschuldigungen.

Und konkrete Zusagen: Ab sofort sollen die Marines im Entziffern arabischer Titel, inclusive Ornamentschrift, geschult werden. Operation West-östlicher Divan! Die deutschen Medien tun mal wieder so, als ob das alles die Bundeswehr nichts anginge – aber wir können sicher sein, dass „unsere“ Generäle sofort nachziehen: Auch unsere Jungs kriegen jetzt prophylaktische Entzifferungsschulungen! Endlich ein lukrativer Auftrag für die unterfinanzierten orientalistischen Institute an unseren Unis.

Aber im Ernst: Glaubt de Maizière wirklich, das mühsam rinnende Bächlein von Freiwilligen würde anschwellen, wenn jetzt auch noch diese Hürde dazukommt?

Ceterum censeo exercitum Germanicum ex Afghanistan esse recedendum.

Das beste „Einsatzversorgungsverbesserungsgesetz“ ist doch der sofortige Rückzug!

Jetzt will der Bundestag ein „Einsatzversorgungsverbesserungsgesetz“ beschließen, weil die Zahl der in Afghanistan traumatisierten Soldaten der Bundeswehr Rekorde schlägt (schon 587 in den ersten 9 Monaten von 2011 – das sind mehr als 10 Prozent der Gesamtstärke – natürlich muss die Rotation berücksichtigt werden). Woher kommen denn die Traumatisierungen? Von schlechter Versorgung? Oder von der Eskalationsstrategie der NATO? Und wieviel mal mehr kostet die sture Fortsetzung und Eskalation als die teuerste Versorgung? Schon redet de Maizière ominös davon, dass die Bundeswehr durch die „Reform“ einen „anderen“ Soldatentyp gewinnen will. „Traumafeste“ Männer mit kruppstahlharten Körperpanzern? Das ist die altbekannte Logik der deutschen Generäle: Erstes Prinzip: Durchhalten bis zum Endsieg. Wenn was schiefgeht: siehe erstes Prinzip.

Mörderisch: der Denunziations-Luftschläge-Krieg der NATO in Afghanistan.

Schon wieder hat die NATO eine ganze Einheit von Karzai-Polizei („Azubis“) aus Versehen per Luftschlag gezielt getötet. Sie „untersucht“ das jetzt wie üblich wieder (bis der „Vorfall“ von den westlichen Medien vergessen bzw. durch einen frischen „Vorfall“ überholt ist). Das vermutliche Ergebnis der Untersuchung wird sowieso wahrscheinlich top secret bleiben. (Und Wikileaks ist offenbar auch sehr geschwächt.) Denn die Menge solcher Versehen deutet auf systemische Ursachen, die zwar nicht schwer zu erraten sind, dennoch aber Tabu bleiben müssen, weil sie das Wesen dieses Krieges betreffen: Dieser Krieg wird hauptsächlich mit „gezielten Tötungen“ durch „Luftschläge“ geführt – und die Ziele dieser Schläge werden von „einheimischen“ Informanten (Denunzianten) bei den NATO-Geheimdiensten (z.B. BND, MAD) gemeldet. Diese durch strikte Anonymität „geschützten“ Denunzianten müssten ja Heilige sein, wenn sie nicht ab und zu Clanrachen und „ethnische“ Fehden per Anruf bei den NATO-Diensten regeln würden. Die Kombination ist teuflisch, weil die Luftschläger aus ihrem Jet und in den wenigen Sekunden des Schlages nicht nachprüfen können, ob die Opfer nicht Karzai-Polizisten sind. Inzwischen sollen auch bei der Bundeswehr schon schwarz-makabre Witze im Umlauf sein: Es bestehe eine Wahrscheinlichkeit von etwa einem Drittel, dass es sich bei den jeweiligen Karzai-Truppen um eingeschlichene Taliban handle – und dann wäre ein Versehen entweder doch keins, oder es würde jedenfalls die zulässige Collateral-Damage-Rate nur unwesentlich überschritten.

Dieser Krieg ist derartig schmutzig, dass der sofortige Abzug der Bundeswehr in keinem denkbaren Szenario einen schlimmeren Zustand hervorbringen kann als den der jetzigen „Stabilisierung“.

Am 7. April: Dritte Tagung des Appells „Heraus aus der Sackgasse in Afghanistan“

Dass der Krieg in Afghanistan und die Beteiligung der Bundeswehr daran Sackgassen sind, müsste inzwischen auch den bisher Zweifelnden klar sein. Was ist von all den schönen Ausssichten auf von der Bundeswehr militärisch erzwungene Frauenemanzipation und Demokratie geblieben?

Nur die letzten Nachrichten aus der deutschen Zone: Massenaufruhr im „vorbildlich stabilisierten“ Mazar-i-Sharif, Überfall auf das UNO-Gebäude und Ermordung von UNO-Mitarbeitern – unter den Augen der Bundeswehr. Grund des Aufruhrs die Verbrennung des Korans durch einen christlichen Fanatiker in den USA nach der Logik „Mitgefangen mitgehangen“. – Sehr verdichtete Hinweise auf intensive Beteiligung des KSK an der Praxis der „gezielten Killungen“. Ob das KSK selbst sogenannte „Kill-Teams“ (wie die USA) unterhält, ist unwahrscheinlich – allerdings arbeitet es, wie es scheint, zusammen mit dem BND  intensiv mit an der Erstellung von Killungs-Listen für solche „Kill-Teams“. – Schließlich: Alle Truppen der ISAF, also auch die Bundeswehr, werden von der afghanischen Bevölkerung (mit gewissem Recht) für die Praxis der Drohnen-Killungen verantwortlich gemacht. Diese Drohnen-Killungen gelten inzwischen in der gesamten  islamischen Welt als Nonplusultra einer zutiefst „feigen“ Kriegführung, zu der nur „christliche Westler“ fähig seien: anonyme Denunzianten lassen nach völlig unkontrollierbaren Kriterien die Opfer auf die Killungslisten (u.a. des KSK) setzen – Computersoldaten im sicheren Texas programmieren die Ziele ein und lenken dann im sicheren Texas die Drohnen auf die Dörfer der Opfer. Und die ISAF-Sprecher reden dann noch weiter von der „Feigheit“ ihrer Gegner – in einer Kultur, in  der noch ein eher mittelalterliches Ideal von „Tapferkeit“ herrscht.

Betrachtet man also die Afghanistan-„Mission“ in ihrem gesamten, auch technischen, kulturellen und eskalationslogischen Zusammenhang, so stellt sie sich als eine GAUrisikotechnologie heraus, die es ebenfalls sofort abzuschalten gilt.

Dazu möchten wir auf dem 3. Werkstatt-Treffen unseres Appells „Heraus aus der Sackgasse in Afghanistan“, in dem die heute nicht mehr bezweifelbaren Wesenszüge dieses „schmutzigen“ Krieges beim Namen genannt wurden, einen weiteren analytischen Beitrag leisten. (Kann weiter im Netz unterzeichnet werden.)

WANN? Donnerstag, 7. April 2011, 16.30 Uhr bis 21.30 Uhr

WO?  In der Evangelischen Stadtakademie Bochum, Klinikstr. 20

MIT WEM? Tobias Pflüger (IMI-Tübingen): „Vom Einsatz her gedacht“ – Zur „Reform“ der Bundeswehr. – Robert Zion: „Den Unwillen der Gesellschaft in die Pro-Kriegs-Parteien tragen – am Beispiel der GRÜNEN“. – Andreas Zumach: (Zur Libyen-Intervention)

Hiermit sind alle InteressentInnen und/oder Neugierigen herzlich eingeladen, besonders auch GRÜNE

PS.: Der „Kill-Team“-Skandal weitet sich aus. Dabei wird systematisch fehlinformiert: Ein einziges Kill-Team wird herausgepflückt, weil es Killungen von Zivilisten, die nicht auf den Killungslisten standen, vorgenommen und davon besonders zynische Fotos geschossen hat. Angeblich hat dieses Team gegen die Grundsätze von good governance solcher Teams verstoßen: Alle Killungen nach Listen sind „gut“, bloß Killungen außerhalb von Listen sind nicht okay – wer Listen „abarbeitet“, ist ein guter demokratischer Killer (vielleicht gehören auch schon Scharfschützen der Bundeswehr dazu).