Am 7. April: Dritte Tagung des Appells „Heraus aus der Sackgasse in Afghanistan“

Dass der Krieg in Afghanistan und die Beteiligung der Bundeswehr daran Sackgassen sind, müsste inzwischen auch den bisher Zweifelnden klar sein. Was ist von all den schönen Ausssichten auf von der Bundeswehr militärisch erzwungene Frauenemanzipation und Demokratie geblieben?

Nur die letzten Nachrichten aus der deutschen Zone: Massenaufruhr im „vorbildlich stabilisierten“ Mazar-i-Sharif, Überfall auf das UNO-Gebäude und Ermordung von UNO-Mitarbeitern – unter den Augen der Bundeswehr. Grund des Aufruhrs die Verbrennung des Korans durch einen christlichen Fanatiker in den USA nach der Logik „Mitgefangen mitgehangen“. – Sehr verdichtete Hinweise auf intensive Beteiligung des KSK an der Praxis der „gezielten Killungen“. Ob das KSK selbst sogenannte „Kill-Teams“ (wie die USA) unterhält, ist unwahrscheinlich – allerdings arbeitet es, wie es scheint, zusammen mit dem BND  intensiv mit an der Erstellung von Killungs-Listen für solche „Kill-Teams“. – Schließlich: Alle Truppen der ISAF, also auch die Bundeswehr, werden von der afghanischen Bevölkerung (mit gewissem Recht) für die Praxis der Drohnen-Killungen verantwortlich gemacht. Diese Drohnen-Killungen gelten inzwischen in der gesamten  islamischen Welt als Nonplusultra einer zutiefst „feigen“ Kriegführung, zu der nur „christliche Westler“ fähig seien: anonyme Denunzianten lassen nach völlig unkontrollierbaren Kriterien die Opfer auf die Killungslisten (u.a. des KSK) setzen – Computersoldaten im sicheren Texas programmieren die Ziele ein und lenken dann im sicheren Texas die Drohnen auf die Dörfer der Opfer. Und die ISAF-Sprecher reden dann noch weiter von der „Feigheit“ ihrer Gegner – in einer Kultur, in  der noch ein eher mittelalterliches Ideal von „Tapferkeit“ herrscht.

Betrachtet man also die Afghanistan-„Mission“ in ihrem gesamten, auch technischen, kulturellen und eskalationslogischen Zusammenhang, so stellt sie sich als eine GAUrisikotechnologie heraus, die es ebenfalls sofort abzuschalten gilt.

Dazu möchten wir auf dem 3. Werkstatt-Treffen unseres Appells „Heraus aus der Sackgasse in Afghanistan“, in dem die heute nicht mehr bezweifelbaren Wesenszüge dieses „schmutzigen“ Krieges beim Namen genannt wurden, einen weiteren analytischen Beitrag leisten. (Kann weiter im Netz unterzeichnet werden.)

WANN? Donnerstag, 7. April 2011, 16.30 Uhr bis 21.30 Uhr

WO?  In der Evangelischen Stadtakademie Bochum, Klinikstr. 20

MIT WEM? Tobias Pflüger (IMI-Tübingen): „Vom Einsatz her gedacht“ – Zur „Reform“ der Bundeswehr. – Robert Zion: „Den Unwillen der Gesellschaft in die Pro-Kriegs-Parteien tragen – am Beispiel der GRÜNEN“. – Andreas Zumach: (Zur Libyen-Intervention)

Hiermit sind alle InteressentInnen und/oder Neugierigen herzlich eingeladen, besonders auch GRÜNE

PS.: Der „Kill-Team“-Skandal weitet sich aus. Dabei wird systematisch fehlinformiert: Ein einziges Kill-Team wird herausgepflückt, weil es Killungen von Zivilisten, die nicht auf den Killungslisten standen, vorgenommen und davon besonders zynische Fotos geschossen hat. Angeblich hat dieses Team gegen die Grundsätze von good governance solcher Teams verstoßen: Alle Killungen nach Listen sind „gut“, bloß Killungen außerhalb von Listen sind nicht okay – wer Listen „abarbeitet“, ist ein guter demokratischer Killer (vielleicht gehören auch schon Scharfschützen der Bundeswehr dazu).

5 Antworten auf „Am 7. April: Dritte Tagung des Appells „Heraus aus der Sackgasse in Afghanistan““

  1. „Grund des Aufruhrs die Verbrennung des Korans durch einen christlichen Fanatiker in den USA nach der Logik “Mitgefangen mitgehangen”

    Sehr schön, wie die Tagesschau gestern das Problem der christlichen Fanatiker schildert:

    „Das Problem […]: viele Afghanen unterscheiden […] nicht mehr zwischen einer handvoll christlicher Fundamentalisten in den USA und den in Afghanistan tätigen westlichen Tuppen und Helfern.“

    Das ganze Problem scheint ein Spiegeldilemma zu sein: auf der einen Seite der afghanische „Mob“ der die UNO-Mitarbeiter angeblich als christliche Fanatiker lyncht (natürlich hat das nichts mit dem Engagement der „westlichen Truppen und Helfer“ zu tun!), auf der anderen Seite der internationale „Mob“, der die afghanische und pakistanische Bevölkerung mit muslimischen Fanatikern verwechselt und ebensolche „kill teams“ losschickt. Das einzige woran man nicht glaubt ist das Phantasma des Irrtums, das da immer wieder aufgebaut wird. Der „Mob“ ruft nämlich nicht „Tod für Terry Jones“, wie die Tagesschau glauben machen will, sondern „Tod den USA“ und „Tod für Karsai“, wie sie denn auch selbst erwähnt. Und auch die internationalen Truppen jagen ja nicht „gezielt“ Terroristen, sondern alles was so genannt und sich im Umkreis des „So-Genannten“ bewegt. Hier wie da ist das alles also kein Irrtum, kein Kollateralschaden, keine Verwechselung, sondern bittere und tödliche Wahrheit und Eindeutigkeit. Auch wenn das so mancher „scheinbar“ nicht wahrhaben will!

  2. lieber jürgen,
    dass ein solches „spiegeldilemma“ zu einer beidseitigen eskalationsspirale hin zum GAUrisiko tendiert, die sich in einem hier wie da mitgefangen-mitgehangen steigert, da hast du völlig recht. dieses symetrie ist aber meines erachtens der springende punkt: was im aktuellen fall wieder deutlich wird, ist diese bemühtheit, assymetrische verhältnisse zu produzieren und zu reproduzieren: hier der „mob“, da die „helfer“, hier die „indifferenz“ und die „verwechslung“, dort die „differenzierung“ und „klare trennung“, hier der „brüllende fanatismus“, da die „säkulare vernunft“. ist die situation auch, was die strategie der eskalation angeht, symetrisch, so ist sie es nicht was die möglichkeiten der deeskalation angeht: denn was aus einer solchen lynchjustiz spricht, ist eben auch eine verzweiflung ob einer situation, in der der kleinste anlass scheinbar ausreicht, die fragile „stabilität“ richtung GAU zu verschieben. die möglichkeit zur deeskalation liegt da wohl eher – und da stimm ich dir völlig zu – in einem ausstiegsszenario auf der westlichen seite des spiegels. denn so ganz symetrisch ist das spiegelszenario ja nicht, was seine beendigung angeht: die geschieht zumeist durch ein zur seite treten, dessen, dessen martialische posen, sich da spiegeln! also doch bitte, auch von meiner seite, eine realpolitische positionierung vor dem spiegel in richtung ausstieg.

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