Vorgestern wurde an dieser Stelle angenommen, dass die Bundeswehr von den Volksaufständen gegen die Besatzer in Afghanistan kaum ungeschoren bleiben würde. Schon heute bestätigt sich das in allerdings extremem Grade: Die Bundeswehr gibt ihren Stützpunkt in Talokan überstürzt auf – genauer gesagt; hat ihn schon aufgegeben und die Soldaten bereits unter Zurücklassung von Material nach Kundus zurückgezogen. Damit hat sie aber zwei Jahre blutige Antiguerilla-Offensiven mit Opfern auf bei den Seiten nach der Strategie „Clear and hold“ in ihrer Zone als völlig vergeblich liquidiert. Bereits der tödliche Anschlag auf Daud Daud und die Bundeswehrspitze in Talokan hat diese Stadt, wie in diesem Blog seinerzeit dargestellt, bereits zu einem kleinen „Stalingrad“ für die Bundeswehr gemacht.
Und heute weiß man auch ein bisschen mehr über die Koranverbrennungen: Es handelte sich vermutlich um Exemplare, die die Häftlinge mit chiffrierten Versen als Geheimsprache untereinander austauschten. Also tatsächlich genau wie Goethe und Marianne von Willemer seinerzeit ihre Hafisausgaben! So blamiert die Bundwehr nebenbei auch noch die deutsche Kultur – denn die Hoffnungslosigkeit der angekündigten „Schulungen“ ist extrem: „Unsere Jungs“ sollen nicht nur Korane in Schönschrift identifizieren lernen, sondern auch noch 1. erkennen, ob im Koranumschlag was anderes steckt, und 2. verdächtige Anstreichungen von Versen als Chiffren entziffern können! Und wer soll unsere Jungs schulen? Unsere Generäle? Die wenigen Dolmetscher werden sich ebenfalls immer mehr „absetzen“. Kurz und gut: Die Lage ist aussichtslos.
Dadurch werden fundamentalistische Taliban keinen Deut besser – sie werden aber, wie man jetzt sieht, durch ausländische, kulturfremde Besatzer mit Clear and Hold, Nigthraids und Killerdrohnen gestärkt statt geschwächt. Jeder Tag, den die Bundeswehr jetzt noch weiter in Afghanistan bleibt, treibt die menschlichen, politischen und monetären Kosten weiter ins Absurde. Der Rückzug ist unvermeidlich – er muss zum Rückzug aus der Weltjunta-Bundeswehr insgesamt werden: Nie wieder Antiguerillakriege und Besatzungskriege der Bundeswehr in „Übersee“.
der „stalingrad-diskurs“ bestimmt auch nach talokan große teile der medialen darstellungen. so, wie die progaganda 43 – 45 die wehrmacht von erfolgreicher frontverkürzung und heldenhaften abnützungschlachten bis zu den seelower höhen für den angeblich greifbaren endsieg weitermachen ließ, z. b. auch kommentare im wdr5: talokan sei nur ein, so wörtlich!!! unerhebliches „stützpünktchen“ gewesen, dessen sowieso geplante räumung nur vorgezogen worden sei.
so machen die teile der medien aus dem strategischen dilemma, in dem die westlichen interventionsarmeen stecken, und das die koran-riots unübersehbar werden lassen, taktische erfolge der bundeswehr. überstürzte aufgabe eines stützpunktes unter zurücklassenung aller ausrüstung bis auf die waffen, völlige diskreditierung des sicherheitsversprechens für die afghanische bevölkerung: ein sicherungserfolg der bundeswehr.
wie einst scheint für gewisse kreise das deutsche motto immer noch zu lauten: kampf bis zum kurz bevorstehenden endsieg!
für die kosten (natürlich nur der „unserer jungs“) bereitet der kriegsminister ja schon, nach einführung des tapferkeitsordens, den veteranentag vor.